Aktuelle Entwicklungen im ambulanten Tarifwesen

Der Bundesrat hat 2015 vier Rahmenbedingungen für die Revision des TARMEDs verabschiedet. Diese Rahmenbedingungen konkretisieren und ergänzen dabei die gesetzlichen Bestimmungen des Krankenversicherungsgesetzes KVG. So soll sichergestellt werden, dass die revidierte Tarifstruktur auch tatsächlich genehmigungsfähig ist. Die vier Rahmenbedingungen sind, dass:

  • die Tarifstruktur gemeinsam von einer Mehrheit der Leistungserbringer, bzw. Kostenträger vereinbart wird.
  • die Berechnungsgrundlagen und der Nachweis der gesetzlichen Anforderungen dokumentiert sind.
  • bei gleichem Leistungsangebot grundsätzlich keine Kostensteigerung für die obligatorische Krankenversicherung resultieren darf.
  • der neue Tarif an die aktuellen Gegebenheiten angepasst ist und insbesondere auf Neuerhebungen der Kosten- und Leistungsdaten sowie auf Neuberechungen basiert.

Entwicklung des TARDOC

In den darauffolgenden Jahren wurde in Zusammenarbeit verschiedener Akteure (curafutura, FMH, H+ (bis 2018) und MTK) innerhalb der neu gegründeten ats-tms AG ein neuer Einzelleistungstarif namens TARDOC entworfen. Dieser wurde 2019 in einer ersten Version 1.0 vom Versichererverband curafutura und der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH beim Bundesrat zur Genehmigung eingereicht. Die weiteren Tarifpartner, wie santésuisse oder H+, waren nicht an der Entwicklung von TARDOC beteiligt.

Nach der Einreichung stellte das Bundesamt für Gesundheit BAG jedoch fest, dass die Rahmenbedingungen nicht erfüllt waren. Eine Genehmigung konnte entsprechend nicht erfolgen. Auch die in den darauffolgenden Jahren 2020-2022 eingereichten TARDOC-Versionen 1.1, 1.2 und 1.3 wurden nicht genehmigt.

Entwicklung der ambulanten Pauschalen

Parallel zur Entwicklung des TARDOCs begann auch die Entwicklung eines gesamtschweizerisch geltenden Pauschaltarifs für ambulante Leistungen. Für einen zukünftigen Pauschaltarif hat das Parlament im Rahmen der Kostendämpfungsmassnahmen 2021 bei der KVG-Änderung entsprechende gesetzliche Bestimmungen verabschiedet. Zum einen war damit klar, dass ein zukünftiger Pauschaltarif einheitlich und gesamtschweizerisch sein muss. Zum anderen sollen Pauschalen auch Vorrang vor Einzelleistungstarifen haben. Entsprechend forderte der Bundesrat im Jahr 2022 auch die Entwicklung von Pauschalen.

Die bereits zuvor gestartete Entwicklung eines ambulanten Pauschaltarifs begann nach diesem Entscheid richtig Fahrt aufzunehmen. Um ein datenbasiertes Pauschaltarifsystems nach Vorbild der SwissDRG-Tarifstruktur im stationären Sektor zu erschaffen, gründeten die Tarifpartner santésuisse und H+ die Organisation solutions tarifaires suisse AG. Die Gruppierung eines ambulanten Falls soll ähnlich der SwissDRG-Gruppierung anhand der ICD- und CHOP-Kodierung sowie der demografischen Merkmale erfolgen. Bereits Ende 2021 wurde eine erste Version vorgestellt und beim Bundesrat zur Prüfung eingereicht. Mitte 2023 wurde die neueste Version 1.0 veröffentlicht.

Grundsätzlich sollen Medikamente, Medizinprodukte sowie auch Kosten von Laboranalysen und sonstigem Material Bestandteil der Vergütung einer Pauschale sein und damit nicht separat vergütet werden. Entsprechend sind in der Vergütung einer Fallpauschale, falls nicht explizit anders definiert, alle Kosten abgedeckt. Simultan zur stationären Tarifstruktur SwissDRG sollen einzelne teure Medikamente oder Medizinprodukte separat mittels Zusatzentgelten vergütet werden.

Ausblick auf die neuen ambulanten Tarifstrukturen

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben sich seit dem 1. Januar 2022 geändert. Im Rahmen des Kostendämpfungspaketes 1a hat das Parlament im Juni 2021 folgenden Entschluss getroffen und diesen in Art. 47a des KVG festgehalten: Die Verbände der Leistungserbringer und diejenigen der Versicherer müssen eine Organisation gründen, welche für die Entwicklung und Pflege der Tarifstrukturen für ambulante ärztliche Behandlungen zuständig ist.

Diesem Auftrag wurde am 15. November 2022 Folge geleistet: Die neue Tariforganisation “Organisation ambulante Arzttarife AG”, kurz OAAT AG wurde gemeinsam von allen Partnerorganisationen (curafutura, H+, FMH, MTK und santésuisse) gegründet. Ziel war es, die beiden Tarifstrukturen der ambulanten Pauschalen und TARDOC bereits 2023 so aufeinander abzustimmen, dass diese als neue Tarife genehmigt werden können. Gelten sollen die Tarife dann ab dem 1. Januar 2025. Zu diesem Zweck arbeiteten die beiden bisherigen Tariforganisationen ats-tms AG und solutions tarifaires suisse AG zusammen. Nach Abschluss der Arbeiten an den beiden Tarifwerken wurden die beiden Organisationen liquidiert und in der OAAT AG vereint.

Anfang Dezember 2023 wurden der TARDOC und die ambulanten Pauschalen gemeinsam zur Prüfung beim Bundesrat eingereicht. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die beiden Tarife getrennt weiterentwickelt. Die ats-tms AG trieb die Finalisierung von TARDOC und die solutions tarifaires suisses AG die Finalisierung der Ambulanten Pauschalen voran. Dabei wurde ein gegenseitiges Einsichtsrecht gewährt, jedoch ohne direkte Mitwirkungsmöglichkeiten. Per 1. Januar 2024 wurden die zentralen Geschäftsbereiche in die OAAT AG überführt.

Im Juni 2024 wurden beide Tarife schliesslich durch den Bundesrat per 01.01.2026 teilgenehmigt. Bis November 2024 sollen die beiden Tarife überarbeitet und erneut gemeinsam eingereicht werden. Dabei wurden bei beiden Tarifen verschiedene Anpassungen gefordert. Insgesamt muss vor allem auch ein gemeinsamer Tarifvertrag abgeschlossen werden, der ein für beide Tarife gültiges Kostenneutralitätskonzept enthält. Daneben muss auch die Abgrenzung zwischen den beiden Tarifen weiter geschärft werden. Details zu diesem Entscheid sind der entsprechenden Medienmitteilung des Bundesrates und des BAGs zu entnehmen.

Entsprechend der aktuellen Entwicklungen kann davon ausgegangen werden, dass es ab 2026 sowohl einen Einzelleistungstarif als auch ambulante Pauschalen geben wird. Offen ist dabei noch in bestimmten Bereichen der Umfang der ambulanten Pauschalen und die Abgrenzung gegenüber dem Einzelleistungstarif TARDOC. Hier bestanden in der Vergangenheit die grössten Differenzen zwischen den verschiedenen Tarifpartnern. Auch die Datengrundlage zur Berechnung der Tarife und die detaillierte Ausgestaltung der Tarife einzelner Fachbereiche bieten Spielraum für Diskussionen. Ebenso muss ein gemeinsames Kostenneutralitätskonzept ausgearbeitet werden. Als Herausforderungen für die Leistungserbringer stehen insbesondere die korrekte Kodierung, bzw. Leistungserfassung, als auch die technische Umsetzung der neuen Falldefinition, die korrekte Kostenerfassung und die Budgetierung der eigenen ambulanten Erträge ab 2026 bevor.

Unser Angebot

Wir bei eonum sind über die neuesten Entwicklungen rund um die ambulanten Tarife bestens informiert. So entwickelt die OAAT AG beispielsweise mithilfe unserer Software Casematch die neuen ambulanten Pauschalen. Mit unserem Know-How unterstützen wir Sie gerne bei Ihren Fragestellungen und begleiten Sie in verschiedenen Projekten. Erfahren Sie mehr zu unserem Beratungsangebot, insbesondere auch zur Simulation der neuen ambulanten Tarife und zur Berechnung möglicher Baserates, bzw. eines Startpreises und weiterer relevanter Kennzahlen mithilfe Ihrer Daten auf der folgenden Seite: